Mai 9

Lohnt sich das?

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Sensationelle archäologische Funde bei Schachtarbeiten in der Marienstraße! So stand es am 5. Mai in der Zeitung. Deswegen verzögert und verteuert sich die Verlegung einer Stromleitung gewaltig.

Auf das, worauf man gestoßen ist, wird ein paar Zeilen später erklärt…und zwar auf Dinge, die man früher in die Abortgruben geworfen hat. Ich befürworte Ausgrabungen, bei denen es darum geht, das frühere Stadtbild zu rekonstruieren, aber muss man alles, was unsere Altvorderen zugeschüttet oder weggeworfen haben, heute zum Kulturgut erklären?

Nicht verstehen kann ich allerdings, wenn man reine Zweckbauten der Nachkriegsjahre unter Denkmalschutz stellt und damit eine zeitgemäße Nutzung wertvoller Innenstadtflächen verhindert. Das Ende der Quelle war für die Region schon schlimm genug, aber warum macht man nicht das Beste daraus und nutzt die einmalige Gelegenheit zwischen Nürnberg und Fürth, um einen modernen Stadtteil mit dringend benötigten Wohnungen, Kindergärten und Schulen entstehen zu lassen? Aus welchen Gründen auch immer, steht dieser monströse und für nichts anderes als ein Versandzentrum konzipierte Zweckbau unter Denkmalschutz? Das einzige was man mit großem Aufwand daraus machen könnte, wäre ein Einkaufszentrum! Genau das aber ist es, was die Bürger der Städte Fürth und Nürnberg am wenigsten brauchen. Beide Städte haben so viele Einzelhandelsflächen, dass in Fürth sogar ein ganzes Center leer steht!

Denkmalschutz ist wichtig, aber er darf nicht zum Selbstzweck werden. Hätten schon unsere Vorfahren alles verhindert, was das Stadtbild verändert, dann gäbe es in Nürnberg keine große Kirchen, keine Mauthalle und auch viele andere Touristenattraktionen würden wir vergeblich suchen, weil all diesen großartigen Gebäuden einmal ganze Straßenzüge weichen mussten. Neuere Gebäude, mit echter, geschichtlicher Bedeutung, wie die Märzfeldtürme hat man ja auch ohne große Bedenken gesprengt, um darauf Wohnungen entstehen zu lassen.

Seit geraumer Zeit wird, nach meinem Empfinden, übertrieben. Man stellt nicht nur historische, sondern auch sehr neuere und jetzt sogar Nachkriegsbauten unter Denkmalschutz. Das macht deren Umnutzung oft unmöglich, teuer oder Beides. Warum z. B. die Stadtbibliothek mit horrendem Aufwand so umzubauen, dass sie mit dem ursprünglichen Aussehen ohnehin fast nichts mehr gemein hat, anstatt sie abzureißen, um mit weniger Aufwand etwas zu bauen, was unserem Zeitgeist entspricht?!

Doch das ist nur der eine Teil von übertriebener Bestandswahrung. So werden gewaltige Summen ausgegeben, um einem alten Baum noch ein paar Jahre zu schenken, obwohl man mit dem gleichen Geld, ganze Straßenzüge begrünen könnte. In ein paar Jahren ist der sanierte alte Baum ohnehin nicht mehr zu retten, und das Geld also futsch, wohingegen die mit gleichem Aufwand gepflanzten neuen Bäume in voller Pracht und Blüte strahlen und tausend Mal mehr an ökologischem Nutzen bringen würden.

Weder will ich historische Gebäude abreißen, noch jeden Baum, der ein paar morsche Stellen hat, fällen! Aber es geht mir einfach wider die Natur, wenn man Dinge, die früher oder später ohnehin nicht mehr erhalten werden können, heute mit großem Aufwand über das längst fällige Ende hinaus zu retten versucht.

Wirklich erleichtert bin ich daher, dass man dem alten Schocken / Horten / Kaufhof in der Südstadt unter Denkmalschutz gestellt hat, obwohl es dafür bestimmt ebenso viele (Un-)Gründe, wie auch bei der Quelle, gegeben hätte.

Alles was Menschen schaffen ist vergänglich. Es lohnt sich daher nicht, materielle Dinge nur deswegen zu erhalten, weil wir uns daran gewöhnt haben! Viel wichtiger ist es, ein Wertebewusstsein in den Köpfen und Herzen der Menschen zu wecken!

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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