Mai 10

Weniger ist manchmal mehr

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In den 50er Jahren gab es das Schlagwort: „Die autogerechte Stadt“. Wie so Vieles in den Nachkriegsjahren wurde die Verkehrspolitik der USA übernommen – jeder Bürger soll sich ein Auto leisten und damit überall hinkommen können.

An dieser Vorstellung scheiterte z. B. in München die schon vor dem Krieg begonnene Umgehungsautobahn an der Überzeugung: „Wenn die Leute mit dem Auto um die Stadt herumfahren, dann lassen sie kein Geld da!“

Als nach heftiger Diskussion der Gedanken verworfen wurde, die Reste der zerstörten Innenstadt abzureißen, um an dieser Stelle ein völlig neues Nürnberg auf zu bauen, wurde „nur“ ein Generalverkehrsplan für eine autogerechte Stadt entwickelt. Ein interessantes Dokument aus einer Zeit, als das eigene Auto für die meisten Menschen ein unerreichbarer Traum war!

Weniges daraus wurde umgesetzt, manches begonnen, aber das Meiste verworfen. Verworfen nach der ersten Euphorie, weil nicht genug Geld da war, später weil sich der Zeitgeist geändert hatte.

Die Frage, ob eine Stadtautobahn vom alten Kanalhafen, entlang der Eisenbahn bis nach Schwaig oder die zweite Startbahn am Flughafen wirklich nötig seien, hat man damals vielleicht noch kontrovers diskutiert, dass aber ein kreuzungsfreies Reststück des Frankenschnellweges zu einem, über Jahrzehnte andauernden Politikum werden könnte, das hätte sich damals niemand vorstellen können!

Warum gibt es heute teilweise so extremen Wiederstände gegen Neues und warum konnte es den Menschen früher gar nicht schnell genug vorangehen?

Im Laufe der Jahre glaube ich darauf eine Antwort gefunden zu haben. Die Welt verändert sich immer schneller und das wird den Menschen unheimlich. Daher, da bilden auch Politiker keine Ausnahme, finden sie sich, statt moderat zukunftsorientiert zu handeln, lieber mit einem Zustand solange ab, bis er unerträglich wird. Ist jedoch diese Grenze überschritten, setzt wilder Aktionismus ein und alles Versäumte soll ganz schnell nachgeholt werden. Das wiederum wird aber oft so gigantisch, extrem teuer, meisten sogar Beides und ist daher nicht oder nur gegen massiven Wiederstand durchsetzbar.

Der Frankenschnellweg und die Flughafenanbindung sind dafür zwei wunderbare Beispiele. In beiden Fällen war einst das Verkehrsaufkommen so gering, dass für den Flughafen ein ausgebauter Feldweg und für den Frankenschnellweg, im Bereich des alten Kanalhafens, ein paar Verkehrsampeln ausreichend waren. Der Verkehr nahm zu und es wäre ein Leichtes gewesen durch kleinere Maßnahmen damit Schritt zu halten. Vielleicht mit einer Brücke über die Rothenburger Straße, einer direkten Anbindung des Flughafens zur Innenstadt oder in Richtung Westen zur Bucherstraße. Aber anstatt mit überschaubaren Maßnahmen der Entwicklung Rechnung zu tragen wurde gar nichts gemacht. In der Zwischenzeit verändert sich das Umfeld und plötzlich sind kleinere Verbesserungen nicht mehr möglich und es bleiben nur noch sehr komplexe und teure Lösungen, die aber so massive Veränderungen mit sich bringen, dass viele Bürger Angst davor haben und sich wehren. Doch weiter abzuwarten ist auch kein Weg, denn irgendwann geht es nicht mehr anders und dann wird das Problem nur mit noch größeren Veränderungen zu lösen sein! Etwas weniger zur rechten Zeit würde mir besser gefallen, als Jahrzehntelang von immer neuen Plänen, Gutachten und ewigem Stillstand (im wahrsten Sinne des Wortes) genervt zu werden!

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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