Jun 1

Unter Strom

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Seit ein paar Wochen interessieren mich die Benzinpreise kaum noch, denn ich fahre mit Strom. Nein, zum Ökofreak bin ich deswegen noch nicht mutiert. Da mir eine gewisse Naturverbundenheit in die Wiege gelegt wurde und Verschwendung mir schon immer ein Greul war, überlegte ich mir sehr genau, welches Privatauto die Nachfolge eines 12 Jahre alten Mercedes mit 280.000 Kilometern antreten sollte.

Meine Frau fährt seit längerer Zeit mit wachsender Begeisterung privat einen SMART und freut sich diebisch, dass sie immer einen Parkplatz findet und fast kein Geld für Benzin braucht. Das hat mich veranlasst, alle Prospekte herkömmlicher Autos in den Papierkorb zu werfen und ganz sachlich darüber nachzudenken, was ich wirklich brauche.

Das Ergebnis meiner Überlegungen nahm ich Anfang April in Empfang, einen Opel Ampera!

Seither erlebe ich eine neue Dimension des Autofahrens! Zwar fuhr ich schon 2004 einen Toyota Prius, aber von dem etwas geringeren Verbrauch abgesehen, war es ein eher langweiliges Auto.

Bei dem Ampera ist das anders! Das ist ein vollwertiges Auto für 4 Personen, großem Kofferraum und serienmäßig mit allem erdenklichen Zubehör ausgestattet. Aber er macht auch echt Spaß, beschleunigt völlig geräuschlos wie „Sau“. Dass er bei 170 Stundenkilometer ab regelt stört nicht, denn selbst die kann man, in Anbetracht der vielen Geschwindigkeitsbeschränkungen ohnehin nur selten fahren! Daheim angekommen, Stecker rein und bald sind die nächsten 60 Kilometer geladen. Ein bisschen wenig denkt man, aber das macht ja nichts, denn wenn der Akku leer ist, springt der Benzingenerator an und erst nach weiteren 300 Kilometer fange ich an, nach einer Tankstelle Ausschau zu halten. No Limit also, und das nimmt einem die Angst nicht ans Ziel zu kommen.

Mit diesem Auto fällt man endlich einmal angenehm auf, liegt deutlich über den Sympathiewerten eines Radlers oder Fußgängers. Aber es ist etwas anderes, etwas woran ich nie gedacht habe, dass es Spaß machen kann! Der Bordcomputer zeigt die Effizienz des eigenen Fahrstils an, und diese zu steigern, ist eine echte Herausforderung.

Dass man dabei spart, liegt auf der Hand. Rund 20 Kilowatt benötigt das Auto auf 100 Kilometer und je nach Strompreis schlägt das mit 2,00 € bis 3,00 € zu Buche. Das entspricht im Durchschnitt 1,5 Liter Benzin, mehr Geld kann man bei so viel Spaß nicht sparen!

Nein, ich habe keinen Werbevertrag mit Opel und daher mache ich mir natürlich auch so meine Gedanken, die über das tägliche Fahren hinausgehen. Zum einen bin ich sehr traurig darüber, dass dieses Auto nicht aus Rüsselsheim, sondern aus den USA kommt. Es heißt dort auch nicht Opel Ampera, sondern Chevrolet Volt! War also mal wieder nichts mit der Trendwende bei den deutschen Autobauern. Die hätten vielleicht zwar manches besser gemacht, z. B. statt einem Benziner als „Reichweitenverlängerer“ einen Dieselgenerator eingebaut, der bei Bedarf anspringt und nicht nur Fahrstrom erzeugt, sondern auch den Akku lädt. Der Betrieb, insbesondere auf längeren Strecken, wäre damit noch attraktiver und preiswerter geworden, doch irgendwann muss einmal in Serie produziert werden und da waren die Amerikaner mal schneller!

Aber etwas Anderes stimmt mich nachdenklich. Ein Elektroauto macht nur Sinn, wenn es mit sauber erzeugtem Strom also mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Der Solarstrom kostet pro Kilowatt rund 50 Cent und damit für 100 Kilometer schon 10,00 € für meinen Ampera. Das entspricht einem Benziner gleicher Größer, der aber in der Anschaffung mindestens 10.000,00 € weniger kostet!

Das eigentliche Problem wird aber sein, dass kein Finanzminister auf Dauer bereit sein wird, viele Autos „steuerfrei“ fahren zu lassen. Sobald die Elektrik also ein Loch in den Staatshaushalt reißen, wird jede Regierung auf die Suche nach Ersatz gehen und uns auch für jeden Liter Sprit, den wir NICHT tanken, die entgangenen 90 Cent Steuer in anderer Form aufbrummen. Dann wird mein Ampera auf 100 Kilometer so viel kosten, wie mein alter Mercedes, es sei denn, der Liter Sprit liegt bei 3,00 €, aber das wollen wir ja nicht hoffen!

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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