Jul 12

Strassabo

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Wenn ich die langen, moderne Züge, die leise um die Stadt fahren oder mich ab und zu ein Oldtimer daran erinnert, dass ich als Schüler vom Plattners Berg mit der 16er, direkt zum Rathaus fahren konnte und der Schaffner sich durch die Menge mit den Worten zwängte: „Noch Jemand ooohne?!“, dann wird mir verständlich, warum so viele Menschen am liebsten überall neue Strecken hätten und sich keinesfalls mit einer Stilllegung abfinden möchten.

Am 19. November 1961 fuhr ich nach Fürth. Der Fahrer wollte mir nicht glauben, dass ich unter 14 bin und daher nur 20 Pfennig (10 Cent) für diese Fahrt bezahlen wollte, aber mein Schülerausweis gab mir Recht. Erst am nächsten Tag, auf der Rückfahrt, wurden dann 40 Pfennige für einen Erwachsenenfahrschein fällig. Den „Erwachsenen“ fand ich ja gut, aber die 40 Pfennige, sehr teuer.

Irgendwie fanden wir damals aber die Straßenbahn altmodisch und auch die Herrschaften im Rathaus, allen voran der damalige Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter (SPD, später parteilos), dachten darüber genauso und Nürnberg wurde zu einer U-Bahn Stadt! Übrigens die kleinste Großstadt, die sich für ein so weltstädtisches Verkehrsmittel entschied. Nur Hamburg und Berlin hatten so etwas zu bieten, selbst die Landeshauptstadt München folgte erst Jahre später!

Natürlich wäre eine Untergrund Straßenbahn viel billiger gewesen, aber damals dachte Nürnberg eben noch ganz groß, modern und technikbegeistert!

Am Anfang verlief die U-Bahn von Langwasser bis Bauernfeindstraße oberirdisch. Erst als es Richtung Stadt ging, fuhren wir dann richtig U-Bahn, um erst kurz vor Fürth wieder aufzutauchen; Hochbahn sozusagen, aber die gab es auch in Berlin!

Eines war damals aber schon klar. Wenn das U-Bahnnetz einmal steht, dann sollte es keine Straßenbahn mehr geben, sondern nur noch ein ergänzendes Netz von Bussen. Nur so, darüber bestand kein Zweifel, könne man ein so aufwendiges Verkehrsmittel finanziell verkraften.

Doch Totgesagte leben bekanntlich länger und so redet niemand mehr über das Ende, sondern nur noch über einen Ausbau des Straßenbahnnetzes.

Ja selbst, dass man nicht mehr durch die Pirckheimer fahren kann, nachdem nur wenige Meter entfernt eine neue U-Bahn Linie eröffnet wurde, wird wie die Todsünde einer modernen Verkehrspolitik gebrandmarkt.

Für mich ist das beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Die Stadt hat Schulden und auch der öffentliche Personenverkehr produziert gewaltige Verluste, welche mit Geld, das dann an anderer Stelle fehlt, ausgeglichen werden müssen. Einen wesentlichen Anteil daran hat die Straßenbahn. Kein Wunder, sie braucht ein aufwendiges Schienennetz, ist unflexibel hinsichtlich der Beförderungsleistung und wenn sie, was sehr häufig der Fall ist, fast leer fährt, ist sie sogar ein Energieverschwender. Zugegeben, sie produziert in der Stadt keine Abgase (die entstehen aber irgendwo anders), aber das tun moderne mit Gas betriebene Busse auch nicht!

Nein, ich will Dich liebe Straßenbahn nicht abschaffen, denn dazu mag ich Dich viel zu gerne! Außerdem wurde auch schon viel zu viel in ein modernes Netz investiert! Aber wir sollten es dabei belassen. Sollten ihr aber dort, wo U-Bahn und S-Bahn vorhanden sind, leise „Servus“ sagen. Nur so wird die Strassabo auf Dauer dort zu erhalten sein, wo sie wirtschaftlich zu vertreten ist.

Wenn ich die Stimmen höre, die sich immer dann zu Wort melden, wenn irgendetwas verschwindet, dann muss ich an den Besitzer eines Tante Emma Ladens denken. Der antwortete auf die Frage, warum er denn seinen Laden schließt: „Wenn alle bei mir gekauft hätten, die sich heute dafür einsetzen, den Laden nicht zu schließen, dann hätte ich ihn ja auch nicht geschlossen!“

So ähnlich ist es bei der Straßenbahn. Daher dürfen wir bei allen Wünschen nie vergessen, dass es am Ende jemand bezahlen muss! Jeder, der eine Forderung stellt, sollte auch den Mut haben, einen Vorschlag zu machen, wo das erforderliche Geld herkommen soll!

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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