Apr 23

Rabatt und Betriebswirtschaft!

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Früher habe ich mich aufgeregt, heute muss ich eigentlich nur noch lachen, wenn ich etwas über Unternehmen lese oder höre. Das fängt schon bei den Zahlen an die nach Belieben verdreht oder im falschen Zusammenhang dargestellt werden können, ohne dass es jemandem auffällt. Da verdient eine kleine Firma Millionen, obwohl das nur den Umsatz beziffert. Zehn oder hundert Millionen bekommen schnell mal den Wert einer Milliarde obwohl dafür 1.000 Millionen nötig sind und wenn irgendwo berichtet wird, dass man fast 200 % gespart hat, dann wird diese Unmöglichkeit nicht nur hingenommen, sondern häufig auch kritiklos weitergegeben.

Da wundert es nicht, dass niemand hinterfragt, ob Preisnachlässe von 70 % und mehr überhaupt realistisch sind und wenn ja, wer denn eigentlich den vollen Preis bezahlt?

Mit hat während meiner Praktikantenzeit, die ich als 17 jähriger in einer Berliner Kleiderfabrik absolviert habe, der Chef gesagt, was er einem Kunden zur Antwort gibt, der nach einem Preisnachlass fragt: „Rabatt mein Freund, das lass Dir sagen, wird immer vorher aufgeschlagen!“ Diesen Spruch habe ich mir so verinnerlicht, dass ich bei Sonderangeboten besonders kritisch bin und Geschäftspartner, die ohne großes Zögern einen Angebotspreis nachbessern besonders in die Mangel nehme, um festzustellen, was wirklich drin ist!

Keine Frage, jeder Geschäftsmann muss am Preis etwas nachlassen, wenn das Produkt sonst nicht zu verkaufen wäre. Wintermäntel finden im Sommer eben keinen Kunden mehr und ein auslaufendes Automodell oder ein Röhrenfernseher finden ohne massiven Rabatt keinen Käufer. Wenn ich also vermute, von einem Posten nur 90 % zum normalen Preis verkaufen zu können und auf die letzten 10 % wohl 20 % Rabatt geben zu müssen, dann muss ich diesen Rabatt von Anfang aufschlagen, was zu einem etwa 2 % höheren Grundpreis führt. So war das früher, heute aber gibt es von vielen Anbietern Dauerrabatte von 50 % und das heißt nichts anderes, als dass dieser Rabatt auf einen Preis gewährt wurde, den niemand jemals bezahlt hat und den auch dieses Produkt nicht wert ist.

Ähnliches gilt für Schnäppchenpreise beim Fliegen. Wer viele supergünstige Flugtickets verkauft, der muss ebenso viele super teuren an andere Passagiere loswerden. Irgendwer bezahlt die Rechnung und um selbst nicht das Opfer zu werden wird stundenlang im Internet gesurft, um schließlich beim billigsten Anbieter zukaufen.

Soweit so gut, aber was dann folgt ist das große Jammern über fehlenden Service, schlechte Beratung, unfreundliches Personal usw. Gutes Personal ist teuer und das ist auch gut so, aber wenn niemand mehr bereit ist, dafür auch einen angemessenen Preis zu bezahlen – was dann?

Es wird, ob im Internet oder in Kaufhäusern kommen, was in Amerika die Reisebüros vor 20 Jahren begonnen haben. Man bezahlt für das Produkt den Service getrennt. Am Eingang kauft man eine Chipkarte mit Beratungszeit von der dann abgebucht wird, egal ob man kauft oder nicht! Schade oder richtig, ich weiß es nicht, aber anders wird es wohl nicht gehen!

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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