Apr 25

„Momentamal“

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oder der kleine Unterschied zwischen „ist“ und „wird“!

Mit „ist“ beschreibt man etwas Bestehendes, mit „wird“ etwas Zukünftiges. Doch so genau liest heute kaum noch jemand und so verstehen viele das Falsche oder wollen einfach nur das gehört haben, was in ihr Weltbild passt.

In meinem AZ Interview sagte ich, dass Nürnberg uninteressanter wird. Damit habe ich eine Entwicklung beschrieben, welche heute irgendwo zwischen prallem Leben und absoluter Langweile angelangt ist. Einige finden es zu dynamisch, anderen gefällt es, so wie es heute ist, und andere sehnen sich nach früher. Leider ist es nur die erste (kleinste) Gruppe, die auf weitere Einschränkungen drängt und damit in den letzten 50 Jahren (soweit kann ich mich erinnern) den Kurs bestimmt hat! Warum in erster Linie diese Gruppe? Ganz einfach, Menschen, die zufrieden sind, protestieren nicht! Dieser Umstand wird leider häufig übersehen und deswegen habe ich zaghaft meine Stimme erhoben und gesagt: „Momentamal!“

Wer ohne Wertung nur die Veränderungen betrachtet, der wird zugeben müssen, dass z. B. im Burgviertel oder der Luitpoldstraße früher einmal mehr los war! Leerstehende Läden und Kneipen gab es nicht. Insbesondere die Bergstraße und die Weißgerbergasse waren an Sommerabenden voller Menschen. Es gab noch eine laute Straßenbahn, die bis zum Rathaus fuhr, Autos konnten noch durch die Stadt fahren und Nachtfahrverbote gab es auch keine. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bestreite gar nicht, dass es sich in vielen Fällen um sinnvolle Maßnahmen gehandelt hat, aber es sind Veränderungen, die man nicht beliebig fortsetzen kann, wenn die Altstadt ein Besuchermagnet bleiben soll.

Unser Oberbürgermeister hat übrigens richtig gekontert, denn es stimmt, dass Nürnberg sehr kurze Sperrzeiten genehmigt hat. Das war ein mutiger Schritt in die richtige Richtung. Er hat aber NICHT gesagt, dass sich, in Anbetracht der Proteste, daran nichts ändern wird!

Mit verlängerten Sperrzeiten sollen das „Vorglühen“ und damit die, unstrittig vorhandenen Störungen durch Betrunkene, vermieden werden. Aha, kann ich da nur sagen, denn genau das ist ein völlig untauglicher Vorschlag. Früher hat man einen Dieselmotor „vorgeglüht“. Dann konnte man ihn anlassen und losfahren, abgekühlt ist er nach der Fahrt von ganz alleine. Wer die Sperrzeit verkürzt, verhindert nicht das „Vorglühen“ sondern verstärkt das „Abkühlen“, weil er fordert, dass die Gäste aus dem Lokal geworfen werden, obwohl sie noch gar nicht nach Hause gehen wollen. Das Weiterfeiern auf der Straße würde also nicht weniger, sondern mehr werden und was dann? Wie wäre es mit einem generellen „Ausgehverbot“, zwischen 22 Uhr und 5 Uhr morgens? Da könnte man sogar die Straßenbeleuchtung ausschalten, Verstöße mit hohen Bußgeldern belegen und auf diese Weise sogar die klammen Kassen der Stadt füllen. Dürfte ich dann wenigstens sagen, dass meine Befürchtungen nicht so ganz unbegründet waren?

Als vor 20 Jahren der Augustinerhof gebaut werden sollte, war das die einmalige Chance, eine lebendige und moderne Verbindung zwischen den beiden Stadthälften zu schaffen. Zu modern erschien das den Traditionalisten und so wurde protestiert und Unterschriften gesammelt. Obwohl man auch völlig Unbeteiligte aus dem Umland überreden konnte, die Protestnote zu unterschreiben, entsprach das Votum noch nicht einmal 10 % der Bevölkerung. Der damalige OM, Herr Dr. Schönlein sagte jedoch, dass er 50.000 Stimmen nicht ignorieren könne und so kam das Vorhaben zu Fall. Mutiger und wohl auch richtiger wäre es gewesen, zu sagen: „Wir müssen das stille Votum von 450.000 Bürgern akzeptieren und das Projekt genehmigen!“ Egal wie man zu dem Entwurf des Architekten Jahn auch stehen mag, schöner als ein Parkplatz war er allemal und wenn uns dieser, wegen ein paar Zentimeter Gebäudehöhe, weitere 20 Jahren erhalten bliebe, wäre das nicht doch ein wenig „spießig“?

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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