Jul 12

Kind pass auf…

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dass Du nicht von einem Auto überfahren wirst! Diesen Satz hörten wir alle tausendmal von unseren Eltern. Anscheinend hat sich das fest in unserem Kopf eingebrannt, denn egal ob an Ampeln oder Zebrastreifen, also auch dort, wo wir „Vorlauf“ haben, drehen sich die Köpfe von links nach rechts, bevor der Weg über die Straße fortgesetzt wird!

Doch wirklich sicher, ist das Leben als Fußgänger trotz dieser „genetischen“ Umsicht nicht mehr. Die Gefahr droht heute kaum noch von Autos, sondern vielmehr von Fahrrädern!

Um es vorweg zu nehmen; meine heutigen Zeilen, sind bewusst überspitzt und etwas sarkastisch. Ich möchte ausdrücklich betonen, ein Freund des Fahrrads zu sein, selbst wenn dieser Artikel einen anderen Eindruck erwecken mag. Ich möchte aber auch gerne, dass dieses Stück Verkehrsfreiheit erhalten bleibt! Als Schüler fuhr ich mehr als 5.000 km im Jahr und um ehrlich zu sein, an alle Regeln habe ich mich auch nicht immer gehalten. Doch anders als es heute üblich zu sein scheint, habe ich dabei die anderen Verkehrsteilnehmer nie als Freiwild betrachtet. Rücksicht zu nehmen, war selbstverständlich. Doch das hat sich seither bei vielen Radlern geändert. Sollte diese Rücksichtnahme weiter verloren gehen, wird irgendwann das Pendel der öffentlichen Meinung umschlagen und dann kann es ganz schnell mit der großen Freiheit vorbei sein.

Was hat diesen unerfreulichen Nebeneffekt hervorgerufen? Gleichermaßen von Öko- und Gesundheitswellen begünstigt, erhielten die Pedalritter einen Status, den man früher nur den Mercedes-Fahrern (allerdings scherzhaft) zugebilligt hat. Die eingebaute Vorfahrt, verbunden mit einem unsichtbaren Blaulicht und einem unhörbaren Martinshorn.

Dass das falsche Befahren von Einbahnstraßen und die Benutzung von Fußgängerzonen mancherorts schon legalisiert wurden, ist meiner Meinung nach kein Fortschritt, sondern ein Offenbarungseid des Staates, der sich nicht mehr in der Lage sieht, solchen Verstößen Einhalt zu gebieten. Das ist schlimm, denn übertragen auf andere Tatbestände, könnte man auch sagen: „Wenn die Leute ohnehin betrunken Auto fahren, dann kann man es auch gleich erlauben!“ Ob in Fußgängerzonen, auf Bürgersteigen, selbst auf Kinderspielplätzen oder Wanderwegen – wutsch, schon wieder ist ein Fahrrad haarscharf an einem vorbei gefahren. Nicht selten ohne, einem dabei einen gewaltigen Schrecken eingejagt zu haben. Rote Ampeln interessieren nicht und wenn sich ein Radler zwischen den PKW `s hindurchzwängt und dabei einen Kratzer hinterlässt, dann heißt es nur: „Kannst Du mit Deiner Karre nicht woanders fahren?!“ Nein, das kann man nicht und auf dem Schaden bleibt der unschuldige Autofahrer trotzdem sitzen. Noch ungerechter ist es, wenn der Radler zu Schaden kommt. Dann trifft den Autofahrer fast immer eine Mitschuld und das nur, weil der Radfahrer immer der Gute ist!

Mopeds tuckern mit mageren 25 Stundenkilometer durch die Gegend, unterliegen strengen Regeln; müssen Helme, Kennzeichen und Versicherungsschutz haben und dürfen nur die, für PKW zugelassenen Straßen benutzen. Alles Dinge, die weder für Rennräder noch für Mountainbikes gelten. Die Grünen hätten am liebsten ein Tempolimit von 30 km/h für Autos in der Stadt, aber gegen Fahrräder haben sie nichts. Dabei kann da der (nicht vorhandene Tacho) mal ganz schnell die 70 km/h Marke übersteigen, also einen Wert, bei dem es für den Autolenker nicht nur saftige Busgelder, sondern auch Punkte in Flensburg gibt.

War bisher, massives Schnellfahren wenigstens noch eine Sache der Kondition beim Treten und daher die Ausnahme, so ist es selbst um dieses natürliche Auswahlkriterium mittlerweile schlecht bestellt. E-Bikes beziehen ihre Kraft nämlich nicht aus den Waden des Fahrers, sondern aus der Steckdose! Da bei diesen nicht einmal mehr das laute Schnaufen des Fahrers zu hören ist, wird das Leben der Fußgänger bald noch gefährlicher werden.

Jeder Radler der sich heute als Freiheitskämpfer versteht, wird eines Tages unter seinem eigenen Fehlverhalten zu leiden haben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Druck anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere der von Fußgängern, so stark wird, dass diesem wilden Treiben, Einhalt geboten wird. Wenn eine solche Anti-Radler Bewegung erst einmal in Gang gesetzt ist, wird unsere deutsche Gründlichkeit Oberhand gewinnen. Dann wird nicht nur mäßigend vorangegangen, dann werden Gesetze erlassen und Verstöße massiv geahndet. Wenn einmal das Fahrrad den Status eines „Kampfhundes“ bekommen hat, dann ist es mit der Freiheit, die wir heute noch haben, vorbei. Sie halten diesen Vergleich für schräg? Na ja, wer hätte es vor 30 Jahren für möglich gehalten, dass ein Hund per Gesetz als Waffe eingestuft und samt seinem Besitzer entsprechend behandelt wird? Unvernunft und Ignoranz haben auch dort Konsequenzen nach sich gezogen!

Ich befürchte, dass ohne ein Umdenken, die 95 % rücksichtvollen Radler am Ende die Zeche für die 5 % Zweiraddesperados bezahlen müssen. Es wäre schön, wenn es dazu nicht käme.

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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