Jun 1

Gewalt

Tags:

Wer im Krankenhaus mit eingeschlagener Nase und gebrochenen Rippen aufwacht, dem ist es ziemlich egal, ob er Opfer von „Rechten“, „Linken“, „Rockern“ oder „Betrunkenen“ wurde. Er ist froh, überlebt zu haben, wünscht sich, dass die Schläger gefasst, bestraft werden und ihm so etwas nicht noch einmal passiert!

Genauso denke ich und daher ist es mir ein Greul, wenn im Zusammenhang von Gewalttaten immer irgendjemand dies zum Anlass nimmt, eine schärfere Gangart gegen eine bestimmte Gruppe zu fordern! Ganz unangenehm berührt es mich, wenn die Täter mit dem Hinweis, dass andere Gruppen noch viel schlimmer seien, verharmlost werden.

Gewalt ist für mich Gewalt, Schmerz der Opfer ist für mich Schmerz und ohne irgendwelche Rücksicht auf die Motive der Täter erwarte ich, dass mich der Staat vor solchen Übergriffen schützt! Wenn das nicht gelingt, erwarte ich, dass man intensiv nach den Tätern sucht und diese „angemessen“ bestraft. Das Wort „angemessen“ ist dabei eigentlich schon fehl am Platz, denn was ist angemessen? Heißt das „Auge um Auge, Zahn um Zahn?“ oder ist das der Schmusekurs, der heute vielerorts praktiziert wird? Aus Rücksicht auf eine schwere Kindheit, berufliche und familiäre Umstände des Täters, bleibt dabei oft nur eine Drohung in Richtung des Schuldigen: „Bitte tue das nicht noch einmal, es könnte Konsequenzen haben!“.

Manchmal habe ich das Gefühl, es sind die gleichen Menschen, die auf der einen Seite glauben, eine solche Nachsichtigkeit gehöre sich für eine zivilisierte Gesellschaft, auf der anderen Seite aber entsetzt darüber sind, dass sich immer mehr Leute nachts in Wohnvierteln rüpelhaft benehmen, Autos demolieren, in Hausflure pinkeln oder wenn es ihnen besonders langweilig ist, auch mal auf einen Rentner solange einschlagen, bis er tot am Boden liegt!

Schafft es einmal eine Polizeistreife, trotz aller Überforderung, rechtzeitig zur Stelle zu sein, schlimmeres zu verhindern und sogar den Täter festzunehmen, dann kann man ziemlich sicher sein, dass am nächsten Tag nicht der Täter, sondern der Polizist wegen „übertriebener Gewalt“ am Pranger steht Mich wundert es, dass es trotz dieser negativen Kommentare immer noch genügend mutige und einsatzbereite Polizisten gibt, die ihren Job ernst nehmen und gut machen wollen.

In Berlin diskutiert man derzeit über den „Warnschuss Knast“. Der ist nichts anderes, als dass man auch einmal einen jungen Straftäter nicht nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, sondern ihn tatsächlich ein paar Tage „Schnupperkurs“ im Gefängnis aufbrummt. Als Vorwarnung, was ihn erwartet, wenn er seinen Lebensstil nicht ändert. Als ich davon im Rundfunk hörte, empfand ich das als einen probaten und akzeptablen Versuch, zumal sich solche Tage durchaus auf die Ferien oder den Urlaub verlegen lassen und damit keine negativen Spuren im Lebenslauf hinterlassen. Doch kaum war die Nachricht verkündet, meldeten sich viele kritische Stimmen, die allesamt nur Bedenken hatten. Besonders ist mir dabei folgender Kommentar aufgestoßen: „Wir sind doch im Strafvollzug nicht beim Militär, wo man auf Menschen schießt!“. Wie bitte, ist ein Programm nur deswegen schlecht, nur weil man sich nicht diplomatisch ausdrückt, sondern Worte (Warnschussknast) wählt, die jedermann klar und deutlich versteht?

Die Welt wird immer verrückter und wenn weiterhin jede Idee, wie der zunehmenden Gewaltbereitschaft Einhalt geboten werden könnte, schon im Keim durch Gutmenschen und Wortdeuter erstickt wird, dann werden wohl in einigen Jahren ganz normale Bürger darum bitten, für ein paar Tage ins Gefängnis gehen zu dürfen, weil sie sich wenigstens dort für ein paar Tage beschützt und sicher fühlen können! Dann haben wir tatsächlich den Wohlfühlknast.

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

Schreiben Sie den ersten Kommentar!

Kommentar schreiben

Felder zurücksetzten