Jul 14

Was hat die Wiesn, was das Volksfest nicht hat?

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Bald ist es wieder soweit. Das Nürnberger Volksfest findet statt. Aber wer spricht darüber? Wer fliegt um die halbe Welt, nur um es gemeinsam mit uns zu feiern? „Mit uns“ … wer ist eigentlich „uns“? Wer freut sich so sehr auf das Volksfest, dass er auf diesen Termin seinen Urlaub legt, Geld spart, ein neues Outfit kauft und sehr lange im Voraus einen Tisch bestellt, um nichts zu versäumen?

Niemand…, aber warum ist das in München so völlig anders? Warum ist dort 14 Tage Ausnahmezustand? Warum zwängen sich Menschen aus aller Herren Länder in Dirndl und Lederhose, um wenigstens einmal im Leben dieses königliche Besäufnis mitzuerleben? Aber nicht nur Preußen, Amerikaner und Chinesen finden Gefallen am Oktoberfest. Nein, vor allen Dingen die Münchner, selbst vom Lehrling bis zum Großunternehmer, gehen auf die Wiesn, rücken eng zusammen, singen und feiern was das Zeug hält. Schon am frühen Morgen ist alles voll und wer glaubt, dass er mal so locker von Bierzelt zu Bierzelt wandern kann und dort, wo es ihm am besten gefällt sitzen zu bleiben, der wird bald darauf aufmerksam gemacht, dass „Schichtwechsel“ angesagt ist. Nicht für das Personal, sondern für die Gäste. Die Tische werden nämlich zweimal, manchmal sogar dreimal am Tag verkauft! Billig ist das alles nicht, besonders höflich sind die Menschen auch nicht, aber jeder ist dort; mehrmals am liebsten jeden Tag! Am Ende haben alle glänzende Augen, die einen vom Bier, die anderen vom Champagner, der mittlerweile auch Hektoliter weise ausgeschenkt wird, aber am meisten strahlen die €-Zeichen in den Augen der Schausteller und Festwirte!

Nichts von alledem in Nürnberg. Dort geht es fränkisch beschaulich zu. Die Feststraßen sind tagsüber oft so leer, wie eine Autobahn am Heiligen Abend und die Bierzelte füllen sich nur langsam. Die Fahrgeschäfte laufen meist nur am Mittwoch auf vollen Touren, wenn es zum Familientag besonders preiswert ist.

Dabei haben wir doch Alles! Ja manches spricht sogar deutlich zu Gunsten von Nürnberg. Schon die Anfahrt ist bequemer. Es gibt preiswerte Parkplätze in unmittelbarer Nähe. Straßenbahnen und Busse, die einen direkt zum Festplatz bringen. Selbst die Hotels in der Stadt neigen nicht zu Wucherpreisen und die Umgebung ist schöner, als die der Wiesn.

Es gibt auch alle Fahrgeschäfte, Buden, große und kleine Bierzelte, die Musik ist keinesfalls schlechter und alles ist deutlich preiswerter, sozusagen der gleiche Rausch fürs halbe Geld!

Mit meinen Kindern stand ein Volksfestbesuch immer auf dem Programm. Heute zieht es sie mehr aufs Oktoberfest. Auf meine Frage warum, lautet die Antwort: „Da ist einfach mehr los, da sind viel mehr interessante Leute aus aller Welt!

Ich werde nie behaupten, dass wir Franken langweilig sind und werde es auch im Zusammenhang mit dem Volksfest nicht tun. Aber ein wenig sollten wir uns dennoch an die Nase fassen und sagen: „Das lässt sich doch ändern!“ Auch die Wiesn stockte vor einigen Jahren in einer tiefen Krise und nach einem schrecklichen Attentat sah es nicht so aus, dass sie jemals wieder zu einem Weltvolksfest werden könnte. Doch die Münchner blieben ihr treu. Keine Schicht der Gesellschaft erteilte ihr eine Absage. So wurde sie wieder zu dem was sie war und was sie bis heute ist; ein Fest für Jung und Alt für alle Schichten der Bevölkerung.

Ein Trost bleibt uns aber trotzdem. Eigentlich haben wir doch alles, was München hat! Es verteilt sich allerdings auf das Volks- und Altstadtfest. In der Altstadt beweisen wir, dass die Franken sehr gut feiern und tolle Feste ausrichten können. Aber warum lassen wir dann nicht auch das Volksfest hochleben, machen es zu einer Anti-Wiesn und zeigen der Welt, wo Oben in Bayern ist?!

Machen Sie einen Anfang. Verabreden Sie sich mit ein paar Freunden und gehen mit diesen zu unserem Volksfest. Nehmen Sie Ihre Kegel, Skat, Schafskopf, Tennis, Golf Freunde und feiern, was das Zeug hält! Dirndl und Lederhosen sind übrigens auch auf dem Volksfest erlaubt!

Ach ja, es findet vom 24.08. bis zum 09.09.2012 auf dem Volksfestplatz statt mit einem wunderbaren Rahmenprogramm, Feuerwerk usw. bis dann…

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

  1. Ernö Andrich 1 Aug 2013 | reply

    Sehr schön definiert, Herr Wöhrl, ich war mal mit einem Hamburger und ausgewiesenen Münchenhasser auf der Wiesn und er staunte nicht schlecht und stellte fest: „Das ist ja ein sozialer Event! Da gehen ganze Familien sogar mit der Oma hin!“ Genau das war der Charme vom Oktoberfest. Es droht aber, dass mit dem ganzen Hype um die Wiesn gerade das verloren geht. Als Familie hast du keine Chance mehr in eines der Zelte zu kommen, denn schon um 12 Uhr mittags sind die Zelte mit Gaudikämpfern überfüllt. Wenn Nürnberg nicht so weit weg wäre für einen gemütlichen Nachmittag, würden die münchner Familien wohl bald dorthin pilgern – was sie übrigens schon tun, nämlich zum schönen Dachauer Volksfest. Also Nürnberger: Begreift euer Glück und genießt es reichlich!

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