Mai 10

Des einen Freud, des anderen Leid

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Wir alle fordern gerne Veränderungen, wenn diese uns einen Vorteil einräumen und können überhaupt nicht verstehen, warum sich Andere dagegen wehren. Entdecken wir darin aber auch einen noch so kleinen Nachteil für uns, dann interessieren uns die Interessen der Anderen kein bisschen mehr und finden tausend Gründe, um diese Neuerung abzulehnen!

So zieht es unsere Spezies seit jeher vor, Mauern zu bauen, statt Lösungen zu suchen, die diese überflüssig machen würden. Eine merkwürdige Strategie, die nie aufgegangen ist und nie aufgehen wird. Egal, welche Abwehrmaßnahmen sich der Mensch ausgedacht hat, das Ergebnis war immer das Gleiche. Die Anderen schotten sich auch ab, entwickeln Gegenstrategien und am Ende zahlen wegen des Stillstandes, alle einen zu hohen Preis!

Die Methoden allerdings haben sich in der Menschengeschichte geändert: Wo einst trutzige Bollwerke gebaut wurden, versucht man heute das eigene Territorium (oder Minderheiten) mit Gesetzen oder anderen Regelwerken zu schützen.

Insbesondere der Schutz von Minderheiten ist dabei mittlerweile zu einem sehr zweischneidigen Schwert geworden. Ich erinnere mich noch mit Grauen an einen Vorfall vor 30 Jahren. Wir suchten für unsere Fluggesellschaft einen Einsatzleiter. Ein junger Mann im Rollstuhl hatte zwar keine Erfahrung, aber er gefiel uns so gut sodass wir ihm dennoch gerne eine Chance gegeben hätten. So sehr er sich darüber gefreut hat, es gab zwei Hindernisse, die wir nicht überwinden konnten. Zum einen gab es keine Möglichkeit, das vorgeschriebene Behinderten WC einzubauen obwohl der Mann demonstrierte, dass er ein solches nicht brauche. Zum anderen rechneten wir mit zwei Jahren bis er die nötige Erfahrung gesammelt hätte, um als verantwortlicher Schichtleiter eingesetzt zu werden. Erst dann wäre für die Beteiligten klar gewesen, ob er dieser Aufgabe gewachsen ist. Doch nach zwei Jahren wäre er als Behinderter längst unkündbar. Eine Sonderregelung war damals nicht vorgesehen und so musste die Behörde ihre Zustimmung verweigern! Ich werde die Tränen der Enttäuschung nie vergessen und seither zweifle ich oft an der Sinnhaftigkeit von vielen gutgemeinten Vorschriften!

Seit 1966 bin ich Arbeitgeber, habe viele tausend Arbeitsplätze geschaffen und mir immer Mühe gegeben, meine Mitarbeiter fair zu behandeln. Dabei sind mir Frauen und Männer, Alte und Junge, Farbige und Weiße immer gleich wichtig gewesen. Selbst wenn jemand wegen einer Erkrankung für seine Aufgabe nicht mehr geeignet war, haben wir fast immer einen anderen Arbeitsplatz für ihn gefunden. Ich will mich damit nicht brüsten, denn die meisten mir bekannten Arbeitgeber verhalten sich“ im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ ebenso.

Die Betonung liegt auf „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“, denn anders als beim Staat gibt es für ein Unternehmen keine Garantien, dass auch Morgen noch genügend Geld in die Kasse kommt! Mal ist es das Umfeld oder der ausländische Wettbewerber, manchmal auch eigene Fehlentscheidungen, die zu Problemen führen. Diese muss ein Unternehmer lösen, wenn er nicht Pleite gehen will. Doch genau da liegt der Hund begraben, denn diese Freiheit wird immer mehr durch Gesetze oder Tarifverträge eingeschränkt. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch und so führen jede Einschränkungen zu Gegenmaßnahmen! Diese funktionieren aber auch nur eine gewisse Zeit, denn dann schlagen Staat oder Gewerkschaften zurück und so geht es weiter und weiter. Am Ende blickt keiner mehr durch und jeder schiebt die Schuld an dem entstandenen Chaos auf den Anderen.

Ein Beispiel dafür ist der Kündigungsschutz! Bisher konnte mir niemand beweisen, dass trotz aller Verschärfungen in der Summe auch nur ein einziger Arbeitsplatz dadurch erhalten wurde. Ja, ich behaupte sogar, dass es gerade der Kündigungsschutz ist, der ursächlich für viele Konflikte, die wir heute haben, verantwortlich ist. Wie bitte – werden Sie sagen, jetzt verfällt der Wöhrl aber in den typischen Arbeitgeberjargon.

Nein, das tue ich nicht, aber Tatsache ist doch, dass ein Unternehmen Mitarbeiter einstellt, wenn es welche braucht. Also muss der Umkehrschluss erlaubt sein, dass es auch Personal abbauen muss, wenn die Arbeit nicht mehr für alle ausreicht. Das ist durch viele Gesetze aber so eingeschränkt, kompliziert und teuer geworden, dass sich viele Arbeitgeber jede Neueinstellung zweimal überlegen. Minijobs, Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse, schlechtere Chancen für ältere Menschen und Behinderte, all das sind nichts anderes als die Folgen eines zu gut gemeinten, aber ausgeuferten Schutzes. Besonders kritisch wird es, wenn eine Firma zwar die richtige Anzahl von Mitarbeitern hat, einige aber nicht über die Qualifikation für neue Aufgaben verfügen. Was nutzt der beste technische Zeichner, wenn er nicht mit dem modernen CAD System der Firma klar kommt? Ich verstehe es menschlich absolut, dass es für einen verdienten, älteren Mitarbeiter schrecklich ist, wenn er für einen jungen Spezialisten seinen langjährigen Arbeitsplatz räumen muss. Aber wirklich schlimm ist das nur, weil die damit verbundene Perspektivlosigkeit ursächlich in gut gemeinten Gesetzen ihren Ursprung hat. Heute mag unserem Zeichner der Kündigungsschutz helfen, aber ältere, die ein solches System beherrschen und morgen auf Jobsuche sind, werden vor verschlossenen Türen stehen. So hatten viele Sozialgesetze die fatale Folge, dass sie zwar die am Tage ihrer Einführung betroffenen schützen, aber die später kommenden, massiv ausgrenzen.

Ohne diese Schutzwälle würden Firmen viel schneller und freier einstellen. Würden öfter einem „Außenseiter“ eine Chance geben, hätten kein Problem damit, es mit einem 60jährigen zu versuchen, und den ganzen Aufwand mit Leiharbeit, befristeten Verträgen usw. könnte man sich sparen. Ich rede nicht dem „hire und fire“ das Wort sondern plädiere nur dafür, dass zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Kündigungsfristen vereinbart werden können, die ohne Wenn und Aber für beide Seiten gelten. Das würde zu einer deutlichen Entspannung und zu einem deutlich besseren Arbeitsklima in den Firmen führen.

Auf jeden Fall aber müssen wir aufhören, ständig neue Wälle aufzubauen! So haben gesetzliche Quotenregelungen in der Wirtschaft ebenso wenig verloren, wie die jüngste Forderung, dass Auszubildende nach der Lehre in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden müssen. Alles was man damit erreicht sind Tricks, mit welchen sich Quoten umgehen lassen und Unternehmen, die zukünftig nicht mehr ausbilden werden. Denn wer nicht ausbildet, braucht auch nicht zu übernehmen!

Ihr
Hans Rudolf Wöhrl

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